VON ING. KARL SEYBOTH

Dübendorf, den 26. Juli.

Hatte schon die diesjährige Brüsseler Luftfahrtausstellung durch die starke deutsche Beteiligung ein besonderes Gepräge erhalten, so kann man dies von dem IV. Internationalen Flugmeeting in Zürich mindestens ebenso behaupten. Schon die Tatsache, daß unter den 152 Nennungen aus insgesamt 14 Staaten des ganzen Kontinents Deutschland mit allein vierzig an der Spitze liegt, beweist dies zur Genüge. Als sehr wesentlicher Punkt kommt hinzu, daß Deutschland zum großen Teil mit neuesten, in der Oeffentlichkeit noch völlig unbekannten Konstruktionen erschienen ist, während die übrigen Konkurrenten durchweg zumindest im Ausland bekannte und erprobte Flugzeuge mitgebracht haben.

Wenn man sich an die letzten Luftfahrtausstellungen erinnert, auf denen das Ausland mit einer Fülle von Neukonstruktionen erschien, deren hervorstechendstes Merkmal die astronomischen Zahlen bei den Geschwindigkeitsangaben waren (bei denen es bekanntlich auf 100 mehr oder weniger nicht ankam), so muß es befremden, daß man alle diese schönen Maschinen in Zürich vergebens suchte. Geschwindigkeitsangaben, fein säuberlich auf Zettelchen gemalt und lackierten Ausstellungsstücken umgehängt, tun's allein nicht, wenn sie nicht erhärtet werden durch eine offizielle Prüfung, wie ein solcher Wettbewerb sie nicht schöner gewährleistet. Aber, wo sind die schönen Maschinen, die alle über 500, wenn nicht 600 km machen sollen? In Zürich jedenfalls haben sie gekniffen. Nur Deutschland hat sich, ohne zu zögern, der offiziellen Erprobung mit neuestem Material gestellt, allerdings ohne sich vorher auf Ausstellungen mit Vorschußlorbeeren zu beweihräuchern. Und darin liegt der wahre Wert dieser Veranstaltung, denn hier spricht die unbestechliche Stoppuhr das Wort. Jeder hier im ehrlichen Wettbewerb erflogene Mehrkilometer, über das Maß des Konkurrenten hinaus, .wiegt doppelt und dreifach.

Staatssekretär General der Flieger Milch und Major Polte, die Sieger im Alpenrundflug für Verkehrsflugzeuge im III. Internationalen Flugmeeting 1932, haben diesmal mit dem deutschen Bomber Do-17 (mit zwei 960 PS Daimler-Benz-Motoren) für den Alpenrundflug für Militärflugzeuge (Mehrsitzer) gemeldet. Generalmajor U d e t , der noch überlebende erfolgreichste deutsche Kriegsflieger, der heute keine weniger verantwortungsvolle Tätigkeit, als die des Chefs des Technischen Amtes im Reichsluftfahrtministerium, ausübt, hat mit einer BFW Me 109 mit 960 PS Daimler-Benz-Motor für die Internationale Geschwindigkeitskonkurrenz gemeldet, ein Rennen, das die schnellsten Flugzeuge im Wettbewerb sieht. Ferner fliegt Generalmajor Udet dieselbe Maschine im Internationalen Alpenrundflug für Militärflugzeuge (Einsitzer), Kat. A, während Major d. G. Seidemann ebenfalls mit einer BFW Me 109 (Bayrische Flugzeugwerke), aber mit 640 PS Jumo-210-Motor, ins Rennen geht.

Welche Geschwindigkeiten in diesen Wettbewerben zu erwarten sind? Nun, Generalmajor Udet ist mit seiner BFW von Augsburg nach Zürich-Dübendorf in 23 Minuten geflogen. Mehr brauchen wir vorläufig nicht zu verraten. An weiteren neuen deutschen Flugzeugmustern werden ebenfalls das Fieseler-Langsamflugzeug F 156 durch Generalmajor Udet und ein neues Heinkel-Jagdflugzeug durch Nitzschke erstmalig der Oeffentlichkeit im Auslande vorgestellt. Dasselbe gilt für das Henschel-Sturzkampfflugzeug HS 123 mit 800 PS BMW-Motor, dessen Daten allerdings schon vor längerer Zeit in Deutschland bekanntgegeben wurden.

Meine Kamera sträubte sich förmlich vor Ehrfurcht, diese bisher streng gehüteten Konstruktionen auf die Platte zu bannen, aber Fliegerhauptstabsingenieur Lucht, der technische Adjutant von Generalmajor Udet , beruhigte mich mit der Versicherung, daß alle diese Flugzeuge kurz vor dem Meeting freigegeben worden sind.

Selbstverständlich, daß hier in Zürich alles vertreten ist, was in der Luftfahrt internationalen Rang und Namen hat, teils als Wettbewerbsteilnehmer, teils als Schlachtenbummler, um bei diesem größten internationalen Wettbewerb, den unser Kontinent bisher gesehen hat, mit dabei zu sein. Von Deutschland sieht man außer den bisher Erwähnten den deutschem Gesandten in der Schweiz, Generalleutnant Muff, Militärattaché in Wien, Oberstleutnant von Ilsemann, Militär- und Luftfahrtattaché in Bern, Wolfgang von Gronau, den Präsidenten des Aeroclubs von Deutschland, und seinen Stellvertreter Generalsekretär Krogmann, Ministerialrat Schwarz (RLM), Oberregierungsrat Dr. Orlovius (RLM), Major v. Schönebeck, Major Pendele, Prof. Seewald, den Leiter der Deutschen Versuchsanstalt in Adlershof, um nur einige der neunzig in Zürich anwesenden Herren der deutschen Beteiligung zu nennen. Ferner waren fast ausnahmslos die bekannten Männer der deutschen Luftfahrtindustrie anwesend. Dr. Dornier, Bücker, Gerhard Fieseler, der ehemalige internationale Kunstflugmeister, der inzwischen unter die Industriellen gegangen ist, aber hier unter der Jury an erster Stelle steht, Dr. Heinkel, ferner Helmut Hirth, Baurat Klemm, Präsident Lahs vom Reichsverband der Deutschen Luftfahrtindustrie, Direktor Nallinger von Mercedes-Benz usw.

Wegen der außerordentlichen Fülle aktuellen Materials und insbesondere, weil in dem Augenblick, in dem diese Zeilen in Druck gehen, das Meeting noch nicht zur Hälfte beendet ist, müssen wir den Bericht über den Wettbewerbsverlauf und den größten Teil der Ergebnisse für den zweiten Teilbericht im nächsten Heft zurückstellen. Wir haben uns daher zunächst darauf beschränkt, das für unsere deutschen Leser Wesentliche zu bringen, und fügen noch kurz einige Ergebnisse an.

Die ersten Ergebnisse:

Die Internationale Kunstflugkonkurrenz Kat. A endete mit einem überlegenen Bücker sieg, bei dem unser famoser Graf Hagenburg den Meistertitel errang. Leider musste Generalmajor Udet im Geschwindigkeitsrennen wegen Gasgestängebruch mit seiner BFW Me 109 mit 960 PS Daimler-Benz-Motor aufgeben, so daß Franke auf BFW Me 109 mit 640 PS Jumo 210 mit ca. 410 km/h sicherer Sieger wurde. Im Internationalen Alpenrundflug für Militärflugzeuge (Mehrsitzer) siegte General der Flieger Milch, Führer Major Polte, auf Do-17 (zwei 960 PS Daimler-Benz-Motoren), der die 367 km lange Strecke Dübendorf - Thun - Bellinzona - Dübendorf mit einem schneidigen Flug von ca. 58 Minuten reiner Flugzeit glatt erledigte. (Genaue Ergebnisse stehen noch aus.) In der Kategorie Einsitzer des gleichen Rennens war Generalmajor Udet mit seiner Maschine nochmals vom Pech verfolgt und mußte bei Thun wegen Benzinrohrbruchs notlanden. Dafür hat der sieggewohnte Major Seidemann, der mit seiner 640 PS BFW Me 109 gleichfalls im Rennen lag, gegen starke ausländische Konkurrenz den ersten Platz überlegen gehalten. Bleibt nur noch die Steig- und Sturzflugkonkurrenz, die ebenfalls, wie wir in letzter Minute erfahren, zwei Deutsche an der Spitze sieht. 1. K. Francke auf BFW Me 109, 2. Schürfeld auf Henschel HS 123.

Damit hat Deutschland schon jetzt in vier von acht Konkurrenzen überlegen gesiegt. Ein schöner Erfolg, mit dem die deutsche Luftfahrtindustrie nach knapp vier Jahren Aufbau wohl zufrieden sein kann.

Um das Maß voll zu machen, wurde auch der letzte Wettbewerb, zu dem unsere Militärflugzeuge gemeldet worden waren, für Deutschland gewonnen; der Alpenrundflug für Dreierpatrouillen, Hauptmann Restemeler, Oblt. F. Schleif und Oblt. H. Trautloft wurden auf 640 PS BFW 109 mit über zwei Minuten Vorsprung vor der tschechoslowakischen Mannschaft Sieger. Bemerkemmert ist es für den Eingeweihten, daß sich bei der Austragung des Alpenrundfluges ergab, daß unser Dornier-Bomber Do 17 schneller war, als alle anderen ausländischen Jagdflugzeuge. Dank der überlegenen Geschwindigkeit und Steigleistung unserer neuen deutschen Kampfflugzeuge wurden somit alle militärischen Wettbewerbe, an denen wir beteiligt waren, von Deutschland teilweise gegen starke ausländische Konkurrenz gewonnen. Ein wirklich überzeugender Beweis für die Leistungsfähigkeit des neuen deutschen Flugmaterials, das sich hier in Zürich erstmalig der Welt vorgestellt hat. Berücksichtigt man noch, daß die Höchstgeschwindigkeiten der deutschen Jagdflugzeuge noch erheblich über den auf der Rundstrecke erzielten Geschwindigkeiten (Dipl.-Ing. Francke erreichte mit BFW 409 km/h) liegen dürften, so kommt man auf respektable Zahlen, die aber immer noch weit übertroffen werden von der 960 PS BFW-Maschine von Generalmajor Udet, die leider ausgefallen ist.

Dieses Ergebnis war besser, als man bei aller Zuversicht erwarten konnte. Und deswegen die strahlenden Augen und frohen Gesichter bei der deutschen Mannschaft, die mit Recht stolz sein konnte auf ihre schmucken neuen Vögel und ihre tapferen Flieger. Berücksichtigt man die kurze Zeit von nur vier Jahren, in der nach dem Willen des Führers und netter der starken Hand unseres Generalobst Göring die deutsche Luftwaffe aus dem Nichts geschaffen wurde, so muß diese Leistung des Nationalsozialismus doppelte Anerkennung verdienen.

Oft wird die Bedeutung einer Veranstaltung erst richtig klar, wenn man sie im Spiegel der Auslandspresse betrachtet. Dies gilt im besonderen Maße von dem Internationalen Flugmeeting in Zürich, das in der Auslandspresse einen viel stärkeren Widerhall gefunden hat als in Deutschland. Wir geben daher absichtlich nachstehende Stimme des Auslands wieder, die ein objektives Urteil über das Züricher Flugmeeting abgibt, so, wie das Ausland die Ereignisse gesehen hat, und wie das Ausland die neugeschaffene deutsche Luftwaffe und ihre Leistungen bewertet:

„Die Industrie war an dem Erfolg des Meetings maßgeblich beteiligt. Wenn nur Staffel- und Kunstflüge gezeigt worden wären, so wäre Zürich durch die erstmalig vereinigt mitwirkenden englischen, französischen, italienischen und tschechoslowakischen Kunstflugstaffeln zwar eine sportliche Angelegenheit von Rang, aber kein Ereignis geworden, das eine Ausdehnung über zehn Tage erlaubt hätte, ohne Beteiligte und Zuschauer zu ermüden.

Welch Erfolg der Schweizer Organisation - und welch ein Platz, den der Reichsadler wieder am Himmel Europas eingenommen hatl Glanzvoll und lehrreich ..

So lautete die Kritik eines anwesenden Fliegeroffiziers; der den deutschen Reichsfarben nicht immer befreundet war. In der Tat war die deutsche Beteiligung am Züricher Meeting in vielfacher Hinsicht lehrreich: Deutschland zeigte keine Prototypen, sondern Serienmaterial, das, wie man an den fliegerischen Leistungen feststellen konnte, hinter demjenigen des bisher führenden Auslandes in keiner Weise zurückbleibt. Deutschland zeigte, was fast noch mehr erstaunte, neuentwickelte Flugmotoren, die offenbar ebenfalls in Serienherstellung begriffen sind.

Das Züricher Meeting stand Im Zeichen einer Luftfahrtindustrie, und zwar der deutschen.

Der Reichsluftfahrtminister Hermann Göring, sein Staatssekretär Milch und der Leiter des Technischen Amtes bei diesem Ministerium, Generalipajor Udet, scheinen in der Züricher Veranstaltung erstmalig die Gelegenheit erblickt zu haben, auf neutralem Fluggelände vor dem Auslande ein wenig den Schleier über jenem Gebilde zu lüften, das sie schufen und bisher vor fremdem Auge verbargen.

Und Deutschland begab sich mit diesem Aufmarsch nicht auf eine Ausstellung, sondern auf das kameradschaftliche Gelände im Herzen Europas, offenbar um zu betonen, daß es heute eine furchtgebietende Waffe besitzt, keine Veranlassung mehr hat, diesen Besitz zu verheimlichen, aber auch nicht wünscht, daß diese Waffe als eine Drohung aufgefaßt werde. Anders konnte eine derartige Schaustellung vor fremden Fliegeroffizieren, vor Industriellen und Fachleuten des Auslandes nicht gewertet werden.

Man fragt sich, wie es möglich war, eine solche Waffe im Zeitraum von drei Jahren zu schaffen und ihre serienmäßige Herstellung in einem Bruchteil dieser Frist zu organisieren. Auch hierfür bot das Züricher Meeting die Erklärung: Die anwesenden Generale, Fliegeroffiziere, Funker und Mechaniker - die deutsche Mannschaft war von 60 Köpfen Bedienungspersonal begleitetl - setzten sich ausnahmslos aus jungen Männern zusammen. Der Aufbau der deutschen Luftfahrtindustrie und der Luftwaffe des Reiches scheint tatsächlich nur möglich gewesen zu sein, weil an der Sitze des Reichsluftfahrtministeriums ein Flieger steht, der sich sichtlich nur mit jungen Menschen umgibt. Wenn bei der in den letzten Jahren durchgeführten Umstellung der europäischen Luftwaffen außerhalb Deutschlands die Herabsetzung der Altersgrenzen einen wesentlichen Faktor des Programms bildete, so hatte die deutsche Luftwaffe von Anfang an den Vorteil, die älteren Jahrgänge nicht erst ausmerzen zu müssen, da sie diese nie besaß.



Der Wettbewerbsverlauf

1. Internationales Rallye für Sport- und Tourenflugzeuge.

Das Rallye; der Auftakt zum Flugmeeting endete, nachdem man zwei Tage eifrig gerechnet hatte, um nach einer sinnreichen Formel die vielen Ergebnisse auszurechnen, mit einem wunderschönen Witz. Bewertungsformeln, auch wenn sie vorher noch so klug ausgeixt werden, sind und bleiben Glückssache. Aber leider merkt man dies immer erst zu spät und leider werden auch diejenigen nicht alle, die eben immer wieder glauben, mit irgendeiner neuen, noch besseren Formel weniger Pech zu haben als die Vorgänger. Favorit für das Rallye war zweifelsohne General der Flieger Milch, der mit seinem Taifun unter Führung von Major Polte mit noch zwei Passagiere die Strecke Belgrad - Arad - Budapest - Zagreb - Graz - Stuh weißenburg - Bratislava - Salzburg - München - Mülhausen - Genf - Dübendorf mit der schnellsten Durchschnittsgeschwindigkei (245 km/h) durchflog und zudem von allen übrigen Konkurrenten di Höchstwerte bezüglich Länge des Flugweges, der Grenzübertritt und Geschwindigkeit erreichte. Sieger wurde aber ausgerechnet da kleinste Flugzeug, der unserem Leser schon bekannte „Taupin", mi Pilot CMment. Dieses Tandemflugzeug hat nur eine Flächenbelastun, von 12,5 kg/m2 und diese, für Volksflugzeuge immerhin angenehm Eigenschaft, die aber für Tourenmaschinen durchaus nicht wünschene wert ist, brachte dem Sieger vor dem Zweitbesten „nur" 720 Punkt Vorsprung ein. Es wäre gut, wenn mann dneses erneute Schulbeispie dafürl, w11e man's nlclnt mischen soll, künftilgl betherzigen würde. Allein wir haben wenig Hoffnung.
2. Internationale Konkurrenz fur Sport- und Tourenflugzeuge.
Mit dieser Ausschreibung war beabsichtigt. serienmafcig hergestellte Sport- und Tourenflugzeuge. deren Motoren maximal 8 Liter Hubvolumen nicht ubersteigen. auf ihre Leistungsfahigkeit. Wirt-schaftlichkeit und technische
Ausrustung zu prufen In Konkurren standen funf RWD. 13. zwei DH. Leop. Moth, zwei Klemm Kl. 35 und eine Fieseler F5 R. Den ersten Platz belegte eine RWD. 13 auf den zweiten und dritten Platz folgten die beiden englisches
Motten. den vierten bis siebenten Platz beanspruchten wieder die Polen. deren Flugzeuge durch die leichte Beiklappbarkeit der Flugel den Deutschen uberlegen waren. Vorbildlich bei der Anlaftprufun. waren ebenfalls die Flugzeuge
RWD. 13, die mit elektrischem Anlasser ausgertlstet sind und ebenso leicht wie jedes Automobil ge startet werden kann.
3. Internationale Steig- und Sturzflug-Konkurrenz.
Das gröβte Interesse. besonders in der Fachwelt. hat zweifello die Steig- und Sturzflug-Konkurrenz gefunden. Wie schon im voriges Heft gemeldet. hat Deutschland in dieser Konkurrenz einen uberragenden Sieg durch den Flug von Dipl.-Ing. Francke auf BF 109 davongetragen. der bereits nach 1 Min. 45 Sek. 8200 m Hohe erreichte. obwohl nur 3000 m vorgeschrieben waren. Vorsichtshalbe hatte der Pilot noch 200 m Höhe zugelegt. Im Sturzflug drückt Francke die BF 109 auf uber 600 km/h Geschwindigkeit. Zweite Sieger wurde Schutfeld. ebenfalls Deutschland. auf Henschel Hs 123 der beim Sturzflug eine halbe Rolle einlegen muftte. um das Ziel band vorschriftsmaβig anzufliegen. Dieses Manover erfordert wahren der rasenden Sturzgeschwindigkeit ein gleichhohes Maβ an Geistes gegenwart und Geschicklichkeit des Piloten. wie an Festigkeit und Steuerbarkeit des Flugzeuges. was allseitig anerkannt wurde. Nicht weniger eindrucksvoll waren die Fluge der Tschechen. die den dritten bis funften Platz belegten und den Sturzflug mit vollaufendem Motor ausfuhrten. um noch kostbare Sekunden einzuholen. Dabei erreichten ihre Motoren maximale Drehzahlen von ca. 3500 Touren pro Minute.
4. Internationale Höhenflug-Konkurrenz
Dieser Wettbewerb war verhältnismäβig schwach beschickt und verlangte einen Steigflug auf 9000 m über dem Meere mit einer beladung von 400 kg inkl. Flugzeugbesatzung. Nach gleichreitigem Start erreichte der franzosische Hauptmann Michy mit 20 Min. und 6 Sek. die vorgeschriebene Höhe, während der zweite Sieger, der Schweizer Leutnant Wyler, nur 72 Sek. mehr benötigte. Alle Besatzungen waren mit den üblichen Sauerstoff-Atmungsgeräten ausgerüstet.
5. Internationale Geschwindigkeits-Konkurrenz,
Die Strecke für die Geschwindigkeits-Konkurrenz mußte viermal abgeflogen werden und führte über insgesamt 202 km. Anfänglich hatten sich vier Bewerber gemeldet. Ein Deutscher zwei Franzosen und ein Engländer. Da die beiden französischen Meldungen zurückgezogen wurden, erklärte sich die deutsche Beteiligung bereit, noch ein zweites Flugzeug zu melden, um das Rennen interessanter zu gestalten. Die sportliche Fairneß des englischen Konkurrenten Gardner ermöglichte noch eine Nachnennung, so daß am Start außer Gardner auf Percival Mew Gull und Generalmajor Udet auf BF 109 mit 950 PS Daimler-Benz-Motor noch Francke auf BF 109 mit 560 PS Junkers-Motor erschienen. Leider hatte Generalmajor Udet schon auf der ersten Rundstrecke einen Defekt am Gasgestänge, die ihm bei der Umrundung des Bachtelturmea schleunigst zum Umkehren zwang, um noch knapp den Dübener
Flugplatz zu erreichen. Der Deutsche Francke gewann damit in einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 410 km/h unangefochten das Rennen vor Gardner. Wie wir erfahren, ver-zichtete Francke bei der Preisverteilung auf den ihm als Sieger zustehenden 1. Preis zugunsten Gardners aus Anerkennung für das sportliche Verhalten des Engländers, der seine Nachnennung noch ermöglicht hatte.
7. Internationaler Alpenrundflug
Auch der Internationale Alpenrundflug war in drei Kategorien. A für Einsitzer B für Mehrsitzer und C für Ein- oder MehrsitzerDreier-Patrouillen ausgeschrieben. Er ist einer der Hauptbestandteile des Züricher Flugmeetings und beanspruchte daher auch ein Name besonderes Interesse. Wie wir im vorigen Heft schon mitteilen konnten, haben in sämtlichen drei Kategorien die deutschen Piloten und Flugzeuge am weitaus besten abgeschnitten, trotz schwerster ausländischer Konkurrenz. Besondere Schwierigkeit bietet der Alpenrundflug, der über insgesamt 362 km über die Strecke Dübendorf - Thun - Bellinzona zurück nach Dübendorf führt, wegen der -zu überwindenden großen Höhen und wegen der navigatorischen Schwierigkeiten bei Bewölkung In der Kategorie Einsitzer-Flugzeuge wurde nach Ausfall von Generalmajor Udet Major Seidemann auf BFW Me 109 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 387.4 km/h überlegener Sieger vor vier ausländischen Konkurrenten. Eine nicht erwartete Ueberraschung im Alpenrundflug Kategorie B brachte zweifellos der Sieg von General Milch und Major Polte, die mit dem einzigen am Wettbewerb teilnehmenden zweimotorigen Flugzeug, dem Dornier-Bomber Do 17. mit zweimal 960 PS Daimler-Benz-Motor mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit *von 375,5 km/h fast 20 km/h schneller waren, als das schnellste am Wettbewerb teilnehmende ausländische Jagdflugzeug und selbst die deutsche Dreier-Patrouille unter Führung von Hauptmann Restemeier auf BF 109 knapp schlagen konnten. In der Kategorie C entspann sich ein harter Kampf zwischen der deutschen Staffel. Hptm. Restemeier Oblt. Trautloft und Oblt. Schleif auf BF 109 und zwischen der tschechischen Avia B 534-Staffel unter Führung von Lt. Hlado. Die Deutschen waren in diesem Rennen sehr benachteiligt, da eines ihrer Flugzeuge starken Oelverlust hatte und mit der Geschwindigkeit der übrigen Maschinen, was gleich vom Start weg auffallend in Erscheinung trat, nicht annähernd mithalten konnte. Besonders Hptm. Restemeier mußte seine Maschine dauernd stark drosseln, um die Kettenformation nicht zu zerreißen. Trotzdem noch 13 km/h höhere Geschwindigkeit als die tschechoslowakische Staffel, bei denen allerdings auch auf dem letzten Teil der Strecke wegen Motorschwierigkeiten einer Maschine gedrosselt werden mußte. Bei der Internationalen Staffelkonkurrenz, wurden ganz hervorragende Leistungen wohl von allen teilnehmenden Staffeln gezeigt. Ebenso hier wie bei den Kunstflugkonkurrenzen, ist es nicht möglich, daß man ohne punktmäßige
Bewertung von Figur zu Figur den Sieger feststellen könnte, weil durch die Fülle des Gebotenen bei der großen Geschwindigkeit der schnell aufeinanderfolgenden Flüge und der Unmenge der Konkurrenten jeder Ueberblick verlorengeht.
Naturgemäß wirkten besonders die Staffeln, die mit großer Flugzeuganzahl ihre Uebungen ausführten Und hier waren es die Italiener, die vielleicht den besten Eindruck hinterließen, wenn sie z. B. zu zehnt in einer riesigen Kette erschienen und dann in dieser Formation eine einzige Riesenrolle um die Längsachse des Mittelmannes ausführten, oder wenn sie in irgendeiner Formation zum Looping ansetzten, während des Loopings eine Formationsänderung vornahmen und mit einer anderen Formation aus dem Looping herausgingen Man kann sagen, daß es nichts Schöneres gibt, als gut ausgeführte Staffel-Kunstflüge. Ueberhaupt hat Zürich gezeigt, daß es noch wirklich interessante und auch publikumsfesselnde Flugtage geben kann. Und hierzu gehört vor allem für das Auge des Laien, aber auch nicht weniger für das des Fachmannes, der Staffelkunstflug in seiner ganzen imponierenden Schönheit und Eleganz.
4. Internationale Kunstflug-Konkurrenz.
Im Septemberheft veröffentlichten wir die Punkttabelle mit den Ergebnissen der im Rahmen des Züricher Flugmeetings abgewickelten internationalen Kunstflug-Konkurrenz. Wie diese Tabelle zeigt, war die Konkurrenz in drei Kategorien eingeteilt. Für Flugzeuge bis 10 Liter (Kategorie A). von 10-20 Liter (Kategorie B) und über 20 Liter Hubvolumen. Aus Zeitersparnis war die Konkurrenz außerdem in Ausscheidungs- und Entscheidungs-Wettbewerb gegliedert. Erst einige Stunden vor dem Ausscheidungs Wettbewerb erhielt jeder Teilnehmer ein auf Grund der Bewertungstabelle zusammengestelltes Pflichtprogramm aus 19 mittelschweren und schweren Figuren. Für die Vorführung dieses Pflichtprogramms, das nicht geübt werden durfte, standen jedem Konkurrenten 10 Minuten zur _ Verfügung Bei der Bewertung wurden folgende Punkte zugrunde gelegt:
1. Für jeden Präzisionsfehler wurde in Zehnteln ein der Größe des gemachten Fehlers entsprechender Teil am Punktwert der betreifenden Figur abgezogen:
2. Für jede nicht geflogene oder vollständig mißlungene Figur wurde ihr Punktwert abgezogen:
3. Die Figuren, die auch nur teilweise unter 300 m Höhe geflogen wurden, gelangten nicht zur Bewertung:
4. Die nach Ablauf der vorgeschriebenen 10 Minuten geflogenen Figuren wurden nicht bewertet:
5. Für jeden Fehler in der Programmreihenfolge wurden zwei Punkte abgezogen:
6. Für den allgemeinen Eindruck, d. h. für Eleganz, fließende Durchführung und. im Final, für die Reichhaltigkeit des Programms, wurden dem Konkurrenten bis maximal 20 Punkte gutgeschrieben.
Es ist nur natürlich, daß eine Veranstaltung, wie ein solcher moderner Kunstflugwettbewerb und insbesondere die Votführung dieser Kürübungen heute keine Attraktion auch für den weniger verwöhnten Zuschauer mehr darstellt,
sondern daß diese Kunstflugvorführungen auf den Zuschauer eher ermüdend wirken. Das ist daraus erklärlich, daß selbst der aufmerksamste Zuschauer kaum mehr in der Lage ist. auch nur geripge Unterschiede in der Ausführung
der. Flugfiguren der einzelnen Wettbewerber festzustellen, wenn er nicht haarscharf und an Hand einer genauen Tabelle die einzelnen Konkurrenten kontrolliert. Die Vollkommenheit unserer heutigen Maschinen und das hohe
Können aes Durchschnitts unserer großen Kunst-'lieger haben es dahin gebracht c:aß heute praktisch jeder je::e Figur Past Bleichgut beherrscht und die Variationen und Kombinationen sine: derartig .lelseitig daß es heute nurmehr
dem Punktrichter möglich ist. einen Unterschied wahrzunehmen.
Oft bleibt der Ausfall einer derartigen Konkurrenz nicht einmal allein dem fliegerischen Können des Wettbewerbers überlassen, sondern seiner Kombinationsgabe und rechnerischen Fertigkeit, mit denen er auf Grund der Ausschreibung ein seiner Maschine und seinen Fähigkeiten angepaßtes, punktmäßig überlegenes Programm zusammenstellt.
Unserer Meinung nach haben diese Rechenkünste nurmehr wenig mit Kunstflug zu tun. sondern *.es sollte eben vor allem das Pflichtprogramm entscheidend sein. Desgleichen ist es von jeher ein Unding gewesen, mit verschiedenen Maschinen zu einem Kunsttlugwettbewerb starten zu lassen, aus dem der b e s t e P i I o t festgestellt werden soll. Einwandfreier jedenfalls, wenn auch praktisch bei einer internationalen Konkurrenz schwer
durchführbar ist es alle ~eilnehmer mit ein- und derselben Maschine zu ein und demselben Programm Staden zu lassen nachdem man natürlich den '.Vettbe.veitern eine genugende Uebungszeit aiz dem Flugzeug gestattet hat. Auf diese Weise ließe sich natürlich auch gut das besteKunstflugzeug feststellen.Und wir glauben, gerade diese Feststellung dürfte mindestens ebenso interessieren, wie die des besten Fliegers.
Für uns Deutsche war es eine besondere Freude, daß in der Kategorie A Grat Hagenburg auf Bücker Jungmeister den ersten Sieg davontrug und daß in der Kategorie B Achgelis Zweiter wurde. Achgelis verwendete seinen Focke-Wulf-Hoch decker "Stößer", während Leutnant Nowak, der in der Kategorie B den ersten Sieg davon trug, einen Avia-Doppeldecker flog. Ein Vergleich zwischen diesen beiden Flugzeugen dürfte ebenso schief ausfallen, wie beispielsweise in der Kategorie A der Vergleich zwischen den Bücker-Doppeldeckern und den Tiefdockem. mit denen Stöhr und Vera von Bissing an den Start gingen.
Ohne Zweifel ist aber ganz allgemein festzustellen, daß gerade im Kunstflug im Lauf der letzten Jahrs große Fortschritte gemacht worden sind. Fortschritte, die allgemein so nahe an das überhaupt Mögliche heranreichen: so daß kaum mehr merkliche Unterschiede festzustellen sind. Diese hohe Schule des Kunstfluges ist selbstverständlich weniger geeignet, für die sensationslüsterne Menge als die von früheren Jahren her bekannten Kunstflüge in Bodennähe., bei denen einem oft das Blut in den Adern stocken wollte.
8. Internationale Staffelkonkurrenz.
Die interessantesten und für das Auge des Zuschauers zweifellos schönsten Vorführungen brachte die Internationale Staffelkonkurrenz, an der sich Deutschland allerdings nicht beteiligte. Hört man gelegentlich - und leider im steigenden Maße -. daß die Flugtage immer langweiliger werden, weil sie wenig Neues bieten, so kann man nichts mehr empfehlen, als Staffel-Kunstflüge. So abwechslungs reich das Züricher Flugmeeting war so läßt sich bei einer über 10 Tage dauernden Veranstaltung eine Uebersättigung und Ermüdung der Zuschauer kaum vermeiden, allein die Staffelkunsttlüge rissen die Zuschauer immer aufs Neue mit und lösten immer wieder helle Begeisterung aus. Allerdings kämpften auch die besten Staffeln Europas um die Siegespalme. Man weiß nicht, was mehr zu bewundem war die peinliche Exaktheit der Ausführungen, oder die wuchtige_Eleganz der spielend leicht in den Himmel gezeichneten Figuren. Besonders die Italiener fanden reichen Beitall. da sie ihre Votführungen meist in zahlenmäßig stärkster Besetzung zeigten. Dem Mißgeschick, daß sie versehentlich ihre Vorfühtungszeit um einige Minuten übetschritten. war es zuzuschreiben, daß sie den Tschechen, die zweifellos auch hervorragend flogen, den ersten Platz überlassen mußten. Es war in der Tat ein überwältigender Anblick, wenn die Italiener beispielsweise in einem mächtigen Zehnerkeil und unter dem gewaltigen Dröhnen ihrer insgesamt 5000 PS über den Platz brausten und dann in dieser Formation eine einzige große Rolle um die Achse des Mittelmanna drehten, oder wenn sie in irgendeiner Formation zu Zehnt zum Looping ansetzten, während des Loopings eine Formationsänderung vornahmen, um in neuer Formation aus. dem Looping herauszukommen.
Auch das Riesenrad der Italiener bei dem sie in fabelhaft abgezirkelten Abständen hintereinander auf den Platz herunterdrückten, um zu einem Looping von riesigem Durchmesser anzusetzen, wobei der Erste genau in dem Moment den Kreis schloß, in dem der Letztes unter ihm hindurchgeschossen war war ein Bild von unübertroffener Schönheit. Aber auch die Franzosen zeigten Vorbildliches mit ihrer Neunerstaffel unter Führung von Kapitän Destaillac. obwohl sie nur den dritten Platz belegten.
Besonderes Lob aber verdienen die Schweizer auch wenn sie punktmäßig nicht erstklassig abgeschnitten haben, durch die Exaktheit und das ausgefeilte Können ihrer Piloten, die natürlich von vornherein im Nachteil waren, gegenüber den Staffeln von Ländern mit stehenden Berufsheeren.
Bei der Bewertung war maßgebend die Anzahl der Flugzeuge pro Staffel, in dem für jedes Flugzeug einer Staffel über der vorgeschriebenen Mindestzahl von 5 Flugzeugen ein Zuschlag von 16 Punkten gegeben wurde. Außerdem wurde das Programm selbst bewertet, wobei als Basis für das reichhaltigste 100 Punkte angesetzt wurden. Und schließlich spielte die Präzision, die Programmreihenfolge und der allgemeine Eindruck eine entsprechende Rolle.
Auch das Rahmenprogramm des Züricher Flugmeetings war ausgezeichnet zusammengestellt, find man kann wohl sagen, daß man nichts unterlassen hatte, um mit den erlesensten fliegerischen Genüssen, die Europa überhaupt zu bieten hat. aufzuwarten. Hierbei seien noch besonders die schneidigen Vorführungen des einzigen Sechsfachabspringers der Welt, des sympathischen Williams, erwähnt, auf die wir schon im letzten Heft hingewiesen haben, und die immer reichen Beifall fanden.
Hervorzuheben ist noch die glänzende Organisation des Züricher Flugmeetings und die-Aufmerksamkeit. die von Seiten des gastgebenden Landes allen Beteiligten geschenkt wurde. Und hier haben wir Pressemänner einen besonderen Dank abzustatten für die vorbildliche und aufopfernde Betreuung durch die Herren Presse-Offiziere Major Koschef und Major Vacano.